Kolumne

Wie tolerant bist Du?

Wie tolerant bist du? Wie hältst du es mit Menschen, die dich gründlich nerven, die das toll finden, was du ablehnst und das verabscheuen, was dich begeistert. Deren Verhalten bei dir Pickel verursacht und die mit einem einzigen Satz mittelschwere allergische Reaktionen bei dir auslösen. Bist du denen gegenüber tolerant, oder zuckt deine Hand im Geiste nach einem Baseballschläger, wenn die nur am Horizont auftauchen? Das Wort Toleranz kommt vom lateinischen „tolerare“ und das bedeutet dulden und ertragen. Jemanden zu tolerieren, heißt demnach nicht, sie oder ihn anzunehmen oder gar sympathisch zu finden, sondern nur, die Existenz der Person oder Gruppe zu akzeptieren.

Dabei hat das Thema Toleranz gesellschaftlich eine andere Bedeutung als im privaten Umfeld. Privat kann ich etwas oder jemanden, den ich nicht ertragen kann, aus meinem Leben entfernen oder mich davon verabschieden. Das ist ein reiner Akt des Selbstschutzes. Nur, wenn das wirklich nicht geht, sollten beide Parteien gemeinsam einen Weg finden, das Zusammenleben erträglich zu gestalten, um eine Eskalation zu vermeiden. Es ist daher vollkommen OK, sich in erster Linie mit Menschen zu umgeben, mit denen man zumindest in den Grundwerten übereinstimmt. Auch für Unternehmen und Organisationen kann das überlebenswichtig sein.

Etwas anders sieht das im Gesamtgesellschaftlichen aus. Da sollte eine Gruppe, die dem Wertesystem der Mehrheit widerspricht, nicht einfach „entfernt“ oder unter Druck gesetzt werden. Nicht umsonst ist Toleranz gegenüber Andersdenkenden eine wichtige Tradition der liberalen Gesellschaft. Und auch hier gilt: Man muss nicht alle Lebensmodelle oder Glaubenssysteme gut finden. Es reicht, ihre Existenz zu akzeptieren. Ihre Grenze hat Toleranz an dem Punkt, wo Einzelne oder Gruppen ihren Mitmenschen Schaden zufügen oder ihrerseits versuchen, anderen ihre Weltsicht aufzuzwingen. Auch hier ist es das erste Gebot, in Verhandlung zu treten, und zu versuchen, einen kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden. Funktioniert das nicht, muss die Gemeinschaft die „Störenfriede“ in die Schranken weisen. Auch das ist ein Akt des Selbstschutzes.

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